Warum Geld die Freiheit brachte

Der folgende Text ist ein Ausschnitt aus dem Buch „Untergang oder Freiheit – Wir haben keine Wahl!“ (Seite 31ff). Das Verständnis von Geld ist elementar, um die Geschichte der Menschheit sowie die Entwicklung menschlicher Gesellschaften zu verstehen. Nichts wurde bisher so fehlgedeutet wie Geld.

Wie Gold zu Geld wurde

In diesem Kapitel wird die Entstehung von Geld, Kredit und Eigentum erläutert. Zu verstehen, wie diese Dinge funktionieren und ineinandergreifen. Dies zu tun, ist eigentlich viel einfacher, als man denkt. Solange wir Geld nicht richtig verstehen, kann das für die Menschheit tödliche Konsequenzen haben.

Ich habe im Internet die folgende Geschichte zu Christoph Kolumbus gefunden, die der Geschichtsschreiber Pietro Martire d’Anghiera so (oder zumindest so ähnlich) niedergeschrieben haben soll. Ob die Geschichte letztlich exakt so stimmt oder nicht, ist eigentlich egal. Wichtig ist nur, dass wir daran erkennen, wie Geld funktioniert und warum es keinesfalls nur ein Medium zum Vereinfachen von Tauschgeschäften ist, wie uns in der Schule fälschlicherweise beigebracht wird.

Kolumbus war als Verwalter von Haiti eingesetzt. Er brauchte Gold aus zwei Gründen:

  1. um seine Kosten zu decken und
  2. weil er es dem spanischen König versprochen hatte.

Nun wollte er aber nicht selbst nach dem Gold suchen und so stellte sich die Frage, wie er die Haitianer dazu bewegen konnte, ihm das Gold zu übergeben. Die Haitianer hatten Gold nämlich oft nur seines Gewichts wegen verwendet, um ihre Fischernetze damit zu beschweren. Für sie hatte Gold keinen besonderen Wert. Trotzdem sahen sie keinen Sinn darin, ihrem despotischen Besatzer das Gold einfach so zu überlassen.

Also wendete Kolumbus Gewalt an. Jeder Haitianer über 14 Jahren musste eine bestimmte Menge Gold abliefern und bekam dafür eine Münze ausgehändigt, die er um den Hals tragen musste. Wer kein Gold hatte, konnte alternativ 25 Pfund Baumwolle abliefern und bekam dafür ebenfalls eine Münze ausgehändigt. Die Münze garantierte eine zeitlich begrenzte Straffreiheit. Denn wer ohne gültige Münze um den Hals angetroffen wurde, dem drohten drakonische Strafen. Angeblich wurden Hände, Ohren oder Nasen abgeschnitten, die dann statt der Münze um den Hals zu tragen waren.

Geld als Phänomen entsteht bei Abgabepflicht

Was bedeutete das für die Haitianer? Etwas ganz Gewaltiges. Sie waren plötzlich dazu gezwungen zu wirtschaften. Wirtschaften heißt, Leistungen bis zu einem vorgegebenen Termin zu erbringen. Konnten sie vorher in den Tag hineinleben und nur dann etwas zum Essen beschaffen, wenn der Hunger sie quälte, war es plötzlich sehr ratsam, sich rechtzeitig entweder mit Gold oder aber mit Baumwolle einzudecken, um den andernfalls drohenden Strafen zu entgehen. Die Menschen konnten nicht länger nur ihren eigenen Bedürfnissen oder denen der Sippe nachgehen. Sie wurden dazu gezwungen, die Bedürfnisse anderer Menschen außerhalb ihrer eigenen Sippe zu befriedigen, um von diesen entlohnt bzw. bezahlt zu werden (wobei die Bezahlung wie oben erläutert nur gefordert wird, um die Straffreiheit zu erreichen). Denn wer weder Goldfundstätten kannte noch Baumwolle anbaute, musste sich eines von beiden Abgabegütern durch das Erbringen von anderen Leistungen besorgen. Wie konnte der Haitianer das schaffen? Er konnte dafür entweder andere Waren gegen Gold tauschen oder, wenn er keine Waren hatte oder hergeben wollte, musste er Arbeitsleistungen gegen das Abgabegut tauschen.

Dieses Abgabegut bezeichnet man seitens der Machthaber schon immer als Geld. Mit dem Akt der Straf-Androhung durch Kolumbus wurden für die Haitianer in diesem Moment die bisher „nur“ als Rohstoffe behandelte Dinge, also Gold und Baumwolle, zu Geld. Das ist heute mit dem Euro für uns nicht anders. Aber Geld als solches hat nichts mit dem inneren Wert dieser beiden Rohstoffe zu tun.

Geld (damals Gold und Baumwolle, heute Euro) war und ist nur deshalb so wichtig für alle Menschen und Geld bekommt nur deshalb einen Wert, weil für die Beschaffung dieses Geldes gearbeitet werden muss. Es erfüllt keinen anderen Zweck. Um Geld bei Kolumbus abliefern zu können und so der angedrohten Strafe zu entgehen, musste jeder Haitianer sich Geld zunächst beschaffen. Und „Geld zu beschaffen“ heißt nichts anderes als dass man (für andere), die es schon haben, arbeiten muss.

Geld entsteht aus unter Zwang geforderten Abgaben, aus nichts anderem. Geld ist ein beliebiges Gut, das vom lokalen Machthaber ausgewählt wird und das von dessen Untertanen unter Androhung von Gewalt beschafft und an ihn abgegeben werden muss. Auf diese Weise schafft die Einführung von Geld einen Arbeitszwang, und dieser wiederum ist es, der Geld seinen Wert gibt: Geld ist wertvoll, weil der, der es nicht hat, es nur durch Arbeit bekommen kann. Geld schafft durch Gewalt-Androhung einen Arbeitszwang.

Aus sporadischen Plünderungen entsteht Sesshaftigkeit

Wir springen jetzt in die Epoche der Menschheitsgeschichte zurück, als alle noch Jäger und Sammler waren. Da ergab sich eine Innovation. Es zogen gewalttätige Banden durch die Lande und beraubten die Menschen, die sie gerade antrafen. Weil das eine angenehme (oder zumindest eintragsreiche) Variante war, sein Leben zu gestalten, hat sich die Zahl dieser Banden rasch vermehrt. Die Art der Beraubung wird sicher verschiedene Stufen durchlaufen haben. Mal werden die Räuber sich in der Gruppe der Beraubten einquartiert und einen andauernden Terror auf die Unterlegenen ausgeübt haben, um so regelmäßig und ohne eigenen Beitrag mit Lebensmitteln und anderen Gütern versorgt zu werden. Diese Strategie war jedoch sicher nicht besonders erfolgreich, weil diese Terroristen recht schnell vergiftet wurden. In anderen Varianten wurden Menschen dazu gezwungen, als Sklaven für die Räuber zu arbeiten und mit ihnen mitzuziehen. Das machte diese Gruppen jedoch angreifbar, denn nicht-kooperative Mitglieder, die unter Zwang gehalten wurden, waren im Verteidigungsfall eher kontraproduktiv. Die erfolgreichste Variante war sicher die, bei der nur die Lebensmittel und andere Güter geraubt wurden und die Räuber dann weiterzogen. Nachteil hierbei war aber, dass bei den Beraubten anschließend nichts mehr zu holen war, weil zu viele Räuberbanden gleichzeitig kassieren wollten. Und so war es also wieder vorbei mit dem schönen Räuberleben – es sei denn, man fing an, die Menschen zu schützen, die man berauben wollte. Damit ist Folgendes gemeint:

Nomaden zogen umher wie Viehherden. Wenn Gebiete abgeerntet waren, zogen sie weiter. Solche umherziehenden Nomaden auszuplündern oder gar dauerhaft Abgaben von ihnen zu erhalten, war schwierig. Denn man hätte ja die ganze Zeit mit ihnen umherziehen müssen. Besser war es, sie dazu zu bringen, ihr Territorium nicht mehr so oft zu wechseln. Wie aber bringt man Nomaden dazu, ihre bisherige Lebensweise aufzugeben, stattdessen sesshaft zu werden und „freiwillig“ wertvolle Güter wie Lebensmittel abzugeben? Die Lösung der Räuberbanden bestand darin, den Nomaden den folgenden Deal aufzuzwingen: Sie sollten sesshaft werden und regelmäßig Abgaben liefern. Im Gegenzug würden sie davor beschützt, von anderen Banden ausgeraubt zu werden. So wurden aus Plünderern Beschützer.

Oder anders ausgedrückt: Andere Menschen ausplündern zu wollen, ergibt nur dann einen Sinn, wenn es bei diesen auch etwas zu holen gibt. Leere Nester zu plündern, ist sinnlos. Plünderer müssen im eigenen Interesse also dafür sorgen, dass die Menschen, deren Ressourcen sie ausbeuten wollen, nicht von anderen Gruppen geplündert werden. Aus Sicht der Plünderer macht ihre eigene Forderung nach Abgaben es also notwendig, diejenigen, die sie ausbeuten wollen, vor den Plünderungen anderer Gruppen zu schützen. Auf diese Weise hängen Abgabeforderungen und Schutz untrennbar miteinander zusammen. Aus Sicht der ehemaligen Nomaden hat dieser Deal jedoch ebenfalls Vorteile. Denn im Tausch gegen die eingeforderten Abgaben werden sie davor beschützt, willkürlich von anderen Banden überfallen und ausgeplündert zu werden. Die ohne diesen Deal drohende Gewalt durch andere Banden rechtfertigt aus Ihrer Sicht also die eingeforderten Schutzgebühren (inklusive der natürlich auch hier im Hintergrund stehenden Drohung von Gewalt für den Fall, dass die Abgaben nicht geleistet werden). Gewalt nur angedroht zu bekommen, ist aber besser, als de facto andauernd Opfer von willkürlicher Gewalt zu werden. So lassen sich die ehemaligen Nomaden also auf den Deal ein. Sie werden sesshaft und liefern im Austausch gegen den Schutz vor willkürlichen Plünderungen Abgaben.

Diese Abgaben sind, was wir Geld nennen.

Aus dem Schutzbedürfnis entstehen Abgaben zum Termin

Dem Schutz entfliehen zu wollen, um keine Gebühren zahlen zu müssen, war nicht wirklich eine Alternative. Denn wenn es nicht die „eigene“ gewaltbereite Gruppe war, die einen ausraubt, so wäre es eine andere gewaltbereite umherziehende Gruppe gewesen, die die „Schwachen“ gefunden und ausgeraubt hätte. Die „Schwachen“ konnten dem Schutz der „Starken“ also nicht entkommen. Die Frage war nur, welche Gruppe man als seine Beschützer bekam. Umgekehrt waren die „Starken“ aber auch insofern von den „Schwachen“ abhängig, als sie jemanden zum Berauben brauchten. So einigte man sich zähneknirschend, aber in diesem Sinne doch freiwillig auf regelmäßige Abgaben zu bestimmten Terminen. Eine neue Form der Arbeitsteilung war entstanden. Und sie war offensichtlich sehr erfolgreich. Jagd und Sammeln brachten, jeweils in bestimmten Jahreszeiten, relativ gut kalkulierbare Erträge, und so konnte man sich gut einig werden. Für die „Schwachen“ hatte der Deal den Vorteil, dass sie in relativer Ruhe leben konnten. Zuvor waren sie ständig der Gefahr ausgesetzt, von auftauchenden „Starken“ verletzt oder gar ermordet zu werden. Da war es besser, einen kalkulierbaren Teil der Früchte seiner Arbeit abzugeben.

Abgaben zum Termin sind eine Folge der Zweckgemeinschaft aus „schwachen“ und „starken“ Menschengruppen.

Aus dem Schutz entstehen Machtgebiete und Machthaber

Für die „Starken“ ergab sich ein Territorium mit Menschen, das zu verteidigen war. Nichtsdestotrotz konnten die „Starken“ immer noch Menschen außerhalb ihres Territoriums ausplündern, um ein paar Zusatzeinnahmen zu erzielen. Solange die Menschen in der Nachbarschaft keinen anderen Schutz hatten, war das möglich. Wenn diese Menschen anderen Schutz hatten, ging das nur noch, wenn deren Schutzmacht besiegt und aus dem Gebiet vertrieben wurde. Dann musste aber ein größeres Gebiet verteidigt werden, was auch Nachteile hatte.

Die „Schwachen“ hatten bei diesen Auseinandersetzungen schlechte Karten. Sie konnten die Machthaber ihres Gebietes zwar um Hilfe anrufen und darauf hoffen, dass sie ihnen beistehen würden. Wenn das nicht gelang, mussten sie ihre Abgaben zukünftig aber eben an einen anderen, den neuen Machthaber zahlen. So oder so waren sie die Verlierer. Irgendwann waren alle Territorien aufgeteilt.

Aus der Schutz-Notwendigkeit entstehen feste Machtgebiete, die nach außen verteidigt und nach innen beherrscht werden.

Eine Zweckgemeinschaft aus Obrigkeit und Untertanen beginnt

Mit dieser Zweckgemeinschaft aus Obrigkeit und Untertanen beginnt eine lange Epoche der Menschheit. Für die Untertanen war es in der Regel besser, wenn die Machthaber nicht wechselten. Denn dann waren die Abgaben geregelter (und damit kalkulierbarer) und die Willkür war niedriger. Wenn hingegen neue Machthaber kamen, mussten diese die Kosten der Eroberung wieder reinholen, und das bedeutete für die „Schwachen“, ganz abgesehen von den Zerstörungen, zusätzliche Abgaben.

Auf diese Weise ergab sich die Zeit der Mafia, des Schutzes gegen Abgaben. Jede Mafia hatte ihr Territorium.

Die jetzt weitgehend sesshaft gewordenen Untertanen versuchten, die Erträge aus dem Sammeln und der Jagd zu verstetigen und so vor allen Dingen abzusichern. Früher war man einfach weitergezogen, wenn Gebiete abgesammelt oder leergejagt waren. Das ging nun nicht mehr, wegen der eigenen und der benachbarten Machthaber und dem Schutzbedürfnis. So entstanden, um aus dem jeweiligen Territorium heraus die geforderten Abgaben liefern zu können, ganz zwingend Ackerbau und Viehzucht. Kein Untertan wollte den Zorn der Obrigkeit erregen, der stets zu physischer Gewalt gegen ihn und seine Gruppe führte.

Aus der Zweckgemeinschaft von Obrigkeit und Untertanen entstehen Ackerbau und Viehzucht.

Der Klimawandel, der von anderen Autoren als Ursache für die Entstehung dieser Zweckgemeinschaft angeführt wird, scheint mir nicht so plausibel, weil er nicht die Gleichartigkeit erklären kann, mit der diese Entwicklung überall auf der Welt stattgefunden hat. Es kann auch nicht erklärt werden, warum die Sesshaftigkeit entstand, weil diese Lebensweise mehr Arbeit und Energie erforderte als das Nomadenleben. Auch wird die vermehrte Fruchtbarkeit sowie die in der Folge entstandene angeblich bessere Ernährung durch Getreide als Ursache für die Sesshaftigkeit angeführt. Aber das kann ja nur eine Folge der Sesshaftigkeit sein und nicht ihre Motivation. Die hier gelieferte Erklärung kennt diesen Widerspruch nicht. Sie liefert in jedem Fall eine zusätzliche glaubwürdige und konsistente Erklärung.

Menschen fingen an, die Zukunft zu planen

Durch die wiederkehrende Zwangsabgabe waren die Menschen dazu gezwungen, ihre Zukunft zu betrachten. Die Angst vor der drohenden Strafe bei Nichtlieferung motivierte sie dazu. Mit dem Bewusstsein über das in der Zukunft liegende Risiko fing alles an.

Die Menschen begannen damit, ihre Zukunft zu planen, und dies im Rhythmus eines ganzen Jahres. Ein sehr langer Zeitraum, der sich ergab, weil die ersten Abgabeformen alternativlos an die Entwicklung in der Natur gekoppelt waren. Alles, was die Natur außerhalb der Äquatorzone hervorbringt, ist an die Jahreszeiten gebunden. Wer anfing, sich Gedanken über die Zukunft zu machen, hatte bessere Überlebenschancen. So fingen die Menschen an, die Gegenwart unter Berücksichtigung der Zukunft zu verändern und die Vergangenheit entsprechend dieses Maßstabs zu bewerten. Was war gut gelaufen? Was kann man im Jahresverlauf ändern, um in der Zukunft bessere Ergebnisse zu erzielen? Das entstehende Bewusstsein für zurückliegenden Erfolg und Misserfolg sowie die aktive Suche nach der Verbesserung seiner zukünftigen Lage erhob den Menschen über die Tiere. Der Wunsch, die Zukunft zu verbessern und so die Welt zu gestalten, wurde dabei durch die Drohung der strafbewährten Zwangsabgabe an die Obrigkeit begründet.

Diese Zweckgemeinschaft zwischen Obrigkeit und Untertanen brachte in der Folge viele weitere Verbesserungen mit sich. So gab es auf Seiten der Obrigkeit eine Verbesserung der Waffen und der Kampftechniken, während es auf Seiten der Untertanen zunächst zur Entwicklung von Vorratshaltung mittels Keramikgefäßen kam. Stufenweise wurde dadurch die Ernährungssituation verbessert und die Bevölkerung konnte wachsen. Das bedeutete mehr Abgaben, mehr Krieger und größere beherrschte Gebiete. Diese Variante des Lebens war so erfolgreich, dass sie sich weltweit durchgesetzt hat. Sie war schlicht die zum Überleben am besten geeignete Form des Zusammenlebens. Die vielen Männer, die keine Nachkommen zeugen konnten, wurden so am effektivsten eingesetzt. Es war innerhalb der Männergruppe die erste geschlechtsspezifische Form der Arbeitsteilung entstanden. Ohne diese Arbeitsteilung hatten die Frauen den größten Einfluss auf die Gruppen. Denn sie gebaren die Kinder und zogen sie auf. Durch den intensiven direkten Kontakt mit den eigenen Kindern hatten die Frauen eine Form von Macht über die Gruppe ihrer Nachkommen. Die Männer hatten diesen Einfluss eher nicht und waren, wie im Tierreich zu beobachten, eher nutzlose Wesen. Das änderte sich mit der Arbeitsteilung gewaltig, im wahrsten Sinne des Wortes. Jetzt wurden die Männer die bestimmenden Gruppenmitglieder. Sie organisierten untereinander den Schutz. Die „starken“, umherziehenden Männer sorgten für den Schutz und die „schwachen“, dann später sesshaften Männer sorgten für die Abgaben. Innerhalb der Männer gab es damit eine Hierarchie, die auf Gewalt beruhte, und diese Gewalt etablierte sich damit auch innerhalb der Sippen, wo die Männer die Befehlsgewalt übernahmen, damit die Abgaben zum Termin geliefert wurden. Dieses Konzept war so erfolgreich, weil es etwas erzeugte, was uns Menschen seit dieser Zeit begleitet und stets der wesentliche Treiber der menschlichen Entwicklungen war: Freiheit, Autonomie und freie Wirtschaft. Das mag an dieser Stelle überraschend kommen, aber wir werden diese Entwicklung und ihre Folgen, die man in ihrer Gesamtheit nur als eine Art „göttliche Genialität“ bezeichnen kann, im Laufe des Buches in den verschiedensten Facetten betrachten. Dann wird klar werden, wie Zwang und Unterwerfung notwendigerweise zu Freiheit, Autonomie und freier Wirtschaft führen und weshalb dies die Garantie dafür ist, dass es Gesellschaften wie die in Orwells Dystopie 1984 beschriebenen nicht geben kann.

Geld erweitert das Ökosystem der Erde um die zivilisatorische Dimension

Mit der Einführung der Abgabe wurde letztlich ein Handel zwischen den Gewalttätigen und den Friedfertigen geschlossen. Natürlich nicht so explizit, wie das jetzt klingt, sondern dieser Handel hat sich in der Praxis implizit durchgesetzt. Durchgesetzt, weil diese Variante der Beherrschung die erfolgreichste Ausprägung der Übereinkunft zwischen diesen beiden Gruppen war.

Letztlich war die erzwungene Abgabe von Leistungen an die Obrigkeit das Ergebnis eines Kompromisses. Die Untertanen akzeptierten ihre Beherrschung, um nicht noch stärker zu leiden, nämlich unter der völligen Willkür der eigenen Beschützer oder der fremder Aggressoren. Immerhin konnten sie bei der mittels Geld geordneten Bewirtschaftung insofern frei bleiben, als sie nicht als Sklaven schuften mussten. Mit anderen Worten, die Menschen bekamen Freiheit gegen Geld. Menschen werden seit dieser Zeit von ihrer Obrigkeit genauso bewirtschaftet, wie ein Imker seine Bienenvölker bewirtschaftet. Die Bienen dürfen frei fliegen und bringen den Honig. Der Imker sammelt ihn ein. Die Menschen dürfen frei arbeiten. Die Abgaben bzw. das Geld müssen sie wie vereinbart liefern.

Und damit bekam die Obrigkeit, was sie wollte: ein angenehmes Leben, möglichst ohne Arbeit. Natürlich geht es nicht völlig ohne Arbeit, denn die Sicherheit musste garantiert werden, damit die Menschen arbeiten konnten, und der Abgabedruck musste erzeugt und gepflegt werden, damit alle Untertanen Arbeit annahmen. Und dafür muss als dritte und letzte Aufgabe das richtige Geld verwendet und korrekt gemanagt werden. Dieser Frieden wurde zwar der einer von der anderen Partei aufgezwungen, doch er hatte Vorteile für beide Seiten. Die Obrigkeit bekam, was sie an Abgaben forderte und sogar etwas mehr, denn die Untertanen verzichteten mit dem Handel auf Widerstand, den sie durchaus hätten leisten können. Die Untertanen behielten im Gegenzug durch die Abgabenzahlung Sicherheit und dadurch eine relative Freiheit sowie eine gewisse Autonomie in dem Gebiet, in dem sie nun ansässig waren. Vorher hatten sie diese Autonomie nicht, weil sie stets in Angst vor Überfällen durch Aggressoren leben mussten.

Dieser Pakt wurde bis heute nicht verstanden, denn immer wieder setzen sich Machthaber überwiegend aus Unwissenheit darüber hinweg und werden dann in der Folge aussortiert. Entweder die eigenen Untertanen oder aber eine benachbarte oder eine neu entstandene Mafia wird kommen, um sie zu vertreiben. Letztlich ist das der Hauptgrund, warum auch die Obrigkeiten dazu gezwungen sind, den Pakt zu schließen. Denn sonst müssten sie sich alleine ernähren, wozu sie weder Lust verspürten noch wirklich in der Lage waren. Wenn sie den Pakt nicht rechtzeitig und freiwillig schließen, werden sie untergehen. Das ist eine Tatsache, die auch unsere Regierungen heute noch nicht verstehen. Wir werden sehen, dass ihr System rein wissenschaftlich betrachtet nicht funktionieren kann, weil sie wichtige Naturgesetze nicht einhalten.

Dazu stellen wir die folgenden Thesen in den Raum:

                (Zivilisations-Theorie Teil 1, Gesellschafts-Theorie Teil 1)  
Alle Menschen sind von Natur aus frei. Eine erfolgreiche menschliche Gesellschaft beruht stets auf der Grundregel „Vom freiwilligen Tausch von Freiheit gegen Sicherheit“ und wird mittels der unter Punkt 2 erläuterten impliziten Vereinbarung, dem Zivilisationspakt, begründet. Aus einer oder mehreren menschlichen Gesellschaften kann eine menschliche Zivilisation hervorgehen.

Dabei wird davon ausgegangen, dass jeder Mensch grundsätzlich frei ist und nur er allein über sich selbst bestimmen kann. Niemand hat das Recht, die Freiheit eines anderen Menschen einzuschränken.[1] Nur er selbst kann bei einer entsprechenden Gegenleistung auf einen Teil seiner Freiheit verzichten. Wir werden das im Kapitel „Autonomie und Freiheit sind notwendig, weil …“ (Seite 202) genauer betrachten. Niemals hat die Obrigkeit das Recht, Freiheit zu beschränken und Sicherheit aufzuzwingen. Das führt die menschliche Freiheit ad absurdum. Wenn einem Freiheit weggenommen werden kann, dann hatte man sie gar nicht. Aber so leben wir bis heute.

(Zivilisationspakt: Zivilisations-Theorie Teil 2, Gesellschafts-Theorie Teil 2)  
Eine gewaltbereite Mafia wird zur herrschenden Obrigkeit, indem sie von der in ihrem Gebiet lebenden friedliebenden Bevölkerung (den Untertanen) unter Androhung von Strafe regelmäßig wiederkehrende Abgaben verlangt. Im Gegenzug gewährt die Obrigkeit den Untertanen Freiheit sowie auf ihrem Territorium im gemeinsamen Interesse Schutz vor jeglicher von außen oder innen kommender Bedrohung.

Dies ist der erste und elementarste Tausch von Freiheit gegen Sicherheit. Er begründet alle menschlichen Gesellschaften. Die Menschen geben einen Teil ihrer individuellen Freiheit auf, nämlich Zeit und Energie, die sie zukünftig für die Erwirtschaftung von Abgaben aufwenden müssen. Dafür bekommen sie Sicherheit. Nur auf diesem Tausch-Prinzip können Gesellschaften erfolgreich funktionieren. Alle weiteren Aspekte einer Gesellschaft müssen daher auf diesem Grundprinzip aufbauen. Wenn hier steht, dass die Obrigkeit „Freiheit“ gewährt, dann“, ist das streng genommen also nicht korrekt. Denn eigentlich ist es so, dass die Menschen ihre unveräußerliche individuelle Freiheit behalten. Die Obrigkeit gewährt allein Sicherheit und damit gemeinsame Freiheit. Nur kann das bisher niemand verstehen. Das wird uns erst richtig klar, wenn wir das Kapitel „Konsensvereinbarungen statt Verträgen oder Gesetzen“ (Seite 410) gelesen haben.

Aus Sicht der Untertanen sieht die Abmachung wie folgt aus:

                (Zivilisations-Theorie Teil 3, Gesellschafts-Theorie Teil 3)  
Die Untertanen zahlen wiederkehrend Abgaben an die Obrigkeit ihres Gebietes, um von dieser Sicherheit zu bekommen und in deren Territorium in relativer Freiheit und Autonomie leben zu können. So können sie ihr Leben eigenständig planen und ihre Lebensgrundlage stetig verbessern.

Aus Sicht der Obrigkeit sieht die Abmachung wie folgt aus:

                (Zivilisations-Theorie Teil 4, Gesellschafts-Theorie Teil 4)  
Die Obrigkeit wird von ihren Untertanen, also der auf ihrem Gebiet lebenden Bevölkerung, nach ihrem Belieben regelmäßig wiederkehrend Abgaben einziehen. Wenn (aber auch damit) diese Abgaben von den Untertanen geleistet werden (können), werden diese von der Obrigkeit angemessen vor Gewalt von innen und außen beschützt und es wird ihnen Freiheit und Autonomie gewährt. Halten sich die Untertanen nicht an diese Abmachung, werden sie von der Obrigkeit bestraft.

Wir hatten oben dargelegt, dass dieser Zivilisationspakt nur deshalb entstanden war, weil es unter den Plünderern einen Wettbewerb gab. Waren die Mafiosi nicht erfolgreich, standen andere bereit, um ihren Platz einzunehmen. Die Mafiosi müssen zwar die friedlichen Untertanen nicht fürchten, andere, ebenfalls gewaltbereite Mafiosi aber sehr wohl. Durch die Vereinbarung verschafften sich die Mafiosi Ruhe und konnten sich im Einklang mit den Untertanen mit geringerem Aufwand und zeitlich länger an der Macht halten. Es wird andere Arten von Vereinbarungen gegeben haben, die aber alle nicht erfolgreich waren und deshalb eben nicht länger bestehen. Unsere Gesellschaft basiert auf diesem Zivilisationspakt, obwohl dies bis heute eigentlich niemandem bekannt ist.

                (Zivilisations-Theorie Teil 5, Gesellschafts-Theorie Teil 5)  
Damit sie ihre Abgaben termingerecht abliefern können, sind die Untertanen dazu gezwungen, die Abgabegüter zu beschaffen, also dafür zu arbeiten. Die Ausprägung und Handhabung des von der Obrigkeit festgelegten Abgabeguts (Geld) hat entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Arbeitsprozesse und -ergebnisse sowie auf den Erfolg der gesellschaftlichen Entwicklung im Ganzen.

Obwohl die Regeln, insbesondere historisch gesehen, nicht immer einfach zu erfüllen waren, ist es vergleichsweise einfach zu verstehen, warum die Untertanen sie einhalten. Die Obrigkeit kündigt an, welche Abgaben sie in der Zukunft in welcher Höhe erwartet und die Untertanen müssen diese Abgaben liefern. Wenn sie das nicht tun, ist die Konsequenz Gewalt in verschiedenen Formen. Das können körperliche Strafen, aber auch Zusatzabgaben sein, die nur durch Mehrarbeit zu erhalten sind. Üblich war aber auch Freiheitsentzug durch Versklavung, eine Strafe, die man heute in Gefängnisstrafen umgewandelt hat. Der Willkür der Obrigkeit sind dabei keine Grenzen gesetzt, außer denen des Eigeninteresses. Denn es kann passieren, dass die Abgaben gar nicht zu erwirtschaften sind, weil die Obrigkeit der Bevölkerung zu stark zusetzt oder ihren Teil der Vereinbarung (Schutz vor äußeren und inneren Aggressoren sowie Freiheit und Autonomie zu garantieren) nicht einhält. Wenn dies der Fall ist, leidet die gesellschaftliche Entwicklung.

Im Unterschied dazu ist die Einhaltung der Regeln für die Obrigkeiten viel schwieriger. Denn das Problem aller Obrigkeiten war und ist, dass sie mit diesem Vertrag Gesetzmäßigkeiten unterliegen, die sie nicht kennen, von deren Existenz sie nicht einmal wissen. Bis zum heutigen Tag weiß keine Regierung, dass sie untergehen muss, wenn sie die Freiheit der Untertanen nicht gewährleistet. Dieses Naturgesetz enthält einen „göttlichen“ Schutzmechanismus für die Untertanen. Obrigkeiten, die zu selbstherrlich sind und die Freiheit der Untertanen nicht achten, gehen unter. Die Regierungen sind sich dieses Umstands aber nicht bewusst, da ihre Macht stets mit so viel Arroganz gepaart war, dass sie niemals nach solchen Gesetzen forschen ließen. Denn sonst hätten wir sie schon viel früher entdecken können. Die Gesetze sind eigentlich keinesfalls schwer zu erkennen. Warum sie dennoch nie entdeckt wurden, sehen wir in Teil drei des Buches.

Was für jeden schon immer klar war, ist Folgendes: Wenn eine Obrigkeit ihre Untertanen mit Wohlwollen unterstützt und anleitet, werden sich diese Gesellschaften immer besser entwickeln, als wenn Gleichgültigkeit gegenüber den Belangen der Untertanen herrscht. Dabei gibt es bezüglich der Einschränkungen der Freiheit sicher graduelle Abstufungen, die noch funktionieren. Wenn die Freiheit aber zu stark eingeschränkt wird, kann das System der Obrigkeit nicht überleben. Die obigen Gesetze sowie weitere Naturgesetze des Geldes gelten, und ihre Nichtbeachtung hat Konsequenzen.

                (Zivilisations-Theorie Teil 6, Gesellschafts-Theorie Teil 6)  
Gesellschaften können erblühen oder leiden und untergehen. Das Schicksal einer Gesellschaft hängt davon ab, welches Abgabegut (Geld) die Obrigkeit festlegt, wie sie die Nachfrage und die Verteilung desselben regelt und ob und wie weitgehend sie ihren Untertanen die vereinbarte Freiheit gewährt. Dabei gibt es natürliche Gesetze, die einzuhalten sind.

Es gibt natürliche Gesetze, denen das Geld unterliegt, und die, wenn sie nicht eingehalten werden, zum Untergang der Gesellschaft führen. Der Ausdruck „Untergang der Gesellschaft“ bedeutet hierbei so viel wie „Austausch der Obrigkeit“. Aber natürlich leiden in diesem Moment auch die Untertanen. Denn es entsteht dabei in der Regel ein Zeitraum des Hungerns und der Gewalt, was auch auf Seiten der Untertanen zu Opfern führt.

                (Zivilisations-Theorie Teil 7, Gesellschafts-Theorie Teil 7)  
Die natürlichen Gesetzmäßigkeiten des Geldes (Abgabeguts) sind den Obrigkeiten bis heute weltweit weitestgehend unbekannt. Diese Gesetzmäßigkeiten begrenzen die Existenz schlecht handelnder Obrigkeiten und selbige wurden und werden stets beim Untergang der Gesellschaft freiwillig oder mit Gewalt durch eine neue Obrigkeit ersetzt. Die Untertanen bleiben davon mehrheitlich relativ unbetroffen, solange sie hinreichend autonom sind.

                (Zivilisations-Theorie Teil 8, Gesellschafts-Theorie Teil 8)  
Der Zivilisationspakt erweitert das irdische Ökosystem um den zivilisatorischen Aspekt. Der Begriff „Ökosystem“ ist dabei von größter Relevanz. Denn die Gesetze der Zivilisations-Theorie und insbesondere die des Geldes steuern das Überleben und die kontinuierliche Verbesserung von Gesellschaften und Zivilisationen. Werden sie nicht berücksichtigt, folgt wie bei der jeder natürlichen Auslese die Auslöschung.

Die Gesetze der Zivilisation sorgen zusammen mit den noch folgenden Gesetzen des Geldes für eine Entwicklungsdynamik, die der biologischen Auslese um nichts nachsteht. Dieser Effekt, nicht funktionierende Gesellschaften nach dem immer gleichen Prinzip auszusortieren, kann nicht hoch genug bewertet werden, denn die Entwicklung bis zu unserer heutigen Zivilisation ist nur basierend auf diesem Pakt denkbar. Gesellschaften, die diese Gesetze nicht eingehalten hatten, wurden bisher immer ausgelöscht. So lernten die Herrscher durch Versuch und Irrtum und obwohl der Pakt bis heute unerkannt ist, lieferte er über tausende von Jahren den Motor für die Entwicklung unserer Gesellschaften und zugleich auch den Maßstab, an dem sich unsere Gesellschaften im Daseinskampf messen lassen mussten. Diese Gesetzmäßigkeiten sind ein enormer Glücksfall. Sie schützen die Untertanen sehr effektiv, weil die Obrigkeit eben keinesfalls zu stark einschränken kann, ohne dann schnell unterzugehen. Deshalb kann es Dystopien, wie sie von Orwell oder anderen Visionären immer wieder ausgemalt wurden, allenfalls kurzfristig geben. Danach greifen die hier dargestellten Gesetzmäßigkeiten. Aufgrund dieser Gesetzmäßigkeiten werden Obrigkeiten, die ihre Untertanen tyrannisieren, an ihren eigenen, den natürlichen Gesetzen zuwiderlaufenden Handlungen scheitern und untergehen.


[1]    Das gilt natürlich nur, solange alle Menschen sich ihrerseits an alle von ihnen zugesicherten Freiheitsbegrenzungen halten und nicht die Freiheit anderer unberechtigterweise verletzen. verletzt. In solchen Ausnahmefällen kann eine Freiheitsbeschränkung, zum Beispiel zum Schutz der Allgemeinheit, sehr wohl notwendig und auch gerechtfertigt sein.